Taktische Lagen in Notfallsituationen

Wenn es Verwundete zu versorgen gibt, ruft man beim Rettungsdienst an. Die Sanitäter kümmern sich dann um alles weitere. Das ist ein Grundsatz, der in den meisten unserer Köpfe fest verankert ist. Was aber, wenn die Rettungskräfte nicht zu den Verletzten vordringen können, weil es eine Gefahr für ihr eigenes Leben darstellt - zum Beispiel während eines Amoklaufs? Ein Fall für die TEM - die taktische Einsatzmedizin.

Was versteht man unter TEM?

Taktische Einsatzmedizin vereint die Notversorgung von Verwundeten mit taktischen Überlegungen, die auf Militäreinsätze zurückgehen. Dort gehört TEM längst zum Standard. Konkret wird bei der taktischen Einsatzmedizin immer auch die aktuelle Lage miteinbezogen und überprüft, ob diese ein Eingreifen erlaubt, ohne weitere Verletzte zu riskieren. Um Einsatzkräfte bei dieser Entscheidung zu unterstützen, wurden Richtlinien und Phasen entwickelt, die genau definieren, was in welcher Situation getan werden muss.

Welche Phasen beziehungsweise Zonen gibt es zur Versorgung von Verwundeten?

Beim Militär wurde ein Konzept - Tactical Emergency Medical Support, kurz TEMS - entwickelt, das Einsatzgebiete in verschiedene Phasen unterteilt. Je nachdem, in welcher Phase sich das Gefecht befindet, ergeben sich verschiedene Anweisungen für die Versorgung von Verwundeten im Notfall. Außerhalb des Militärs hat sich hingegen eine Einteilung in Zonen bewährt.

Konkret gibt es die folgenden drei Phasen/Zonen:

  • "Care under fire"-Phase bzw. Hot Zone: Hier besteht höchste Gefahr für die Einsatzkräfte und auch den Verwundeten selbst. Aus diesem Grund ist die Versorgung von Verletzten in diesem Bereich auf ein Minimum reduziert. Je nach Situation kann das auch bedeuten, dass der Verwundete angewiesen wird, sich für den Moment selbst zu versorgen, während die Einsatzkräfte versuchen, in einem gesicherteren Bereich Deckung zu suchen.
  • "Tactical Field Care"-Phase bzw. Warm Zone: Dieser Bereich wurde bereits teilweise gesichert. Aus diesem Grund kann nun eine erste notfallmedizinische Versorgung des Verletzten stattfinden. Hier machen sich die Einsatzkräfte einen ersten Eindruck vom Patienten, stillen kritische Blutungen und verschaffen sich einen Überblick über Art und Schwere der Verletzungen. Für eine anschließende systematische Untersuchung wurden cABCDE/XABCDE oder MARCH entwickelt, auf welche später noch genauer eingegangen wird.
  • "Tactical Evacuation Care"-Phase bzw. Cold Zone: Während dieser Phase befinden sich sowohl die Einsatzkräfte wie auch der Patient außerhalb von unmittelbaren Gefahren durch Feinde. Deshalb kann nun eine Notfallversorgung des Verletzten erfolgen. Häufig findet diese Phase während des Abtransports der Verletzten aus der Gefahrenzone statt.

Das TEMS-Konzept geht auf das Forschungsvorhaben "Tactical Combat Casualty Care", kurz TCCC, zurück. Es handelt von der taktischen Versorgung Gefechtsverletzter und stammt vom U. S. Special Operations Command. Nach der Veröffentlichung der Guidelines, die beschreiben, was in welcher Situation zu tun ist, wurde ein Komitee gegründet, das diese Guidelines kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls anpasst.

Wie ist der Ablauf von TEM-Maßnahmen?

Untersuchungen haben gezeigt, dass Traumata besonders häufig bestimmten Verletzungen zuzuordnen sind. Aus diesem Grund haben sich bei der taktischen Versorgung von Verwundeten die sogenannten Schemen „cABCDE“ und „MARCH“ etabliert, welche die wahrscheinlichsten Verletzungsursachen systematisch überprüft. Die einzelnen Buchstaben beim cABCDE-Schema stehen für die folgenden Begriffe/Schritte:

  • c = Critical Bleeding/Extreme Blutungen stillen: Das ist die einzige Maßnahme, die gegebenenfalls noch in der Hot Zone ergriffen wird, weil starke Blutungen bei fast zwei Dritteln aller Verstorbenen, die während einer militärischen Notsituation umkamen, Ursache für den Tod waren. Verletzungen, die hier gemeint sind, sind beispielsweise Amputationen.
  • A = Airways/Atemwege freimachen: Bei rund einem Drittel aller Verstorbenen in militärischen Notlagen waren blockierte Atemwege die Ursache. Deshalb wird dieser Aspekt gleich als nächstes überprüft. Liegt eine so schwere Gesichtsverletzung vor, dass eine freie Atmung nicht sichergestellt werden kann, muss eine Koniotomie, also eine Öffnung der Atemwege oberhalb des Kehlkopfes, vorgenommen werden.
  • B = Breathing/Brustkorbverletzungen behandeln: Besonders gefährlich sind Verletzungen, die zu einem Spannungspneumothorax (Ansammlung von Luft erhöht kontinuierlich den Druck im Brustkorb) führen. Falls eine solche vorliegt, muss zeitnah eine Entlastungspunktion zum Druckausgleich durchgeführt werden.
  • C = Circulation/Kontrolle der Blutungen: Als nächstes wird der gesamte Körper des Patienten nach weiteren Blutungen abgesucht. Jede gefundene Verletzung wird bei Bedarf verbunden oder tamponiert, um den Blutverlust zu reduzieren.
  • D = Disability/Defizite des Nervensystems überprüfen: Hierzu gehört die Überprüfung des Pupillenreflexes. Neuronale Ausfälle werden überprüft, falls der Patient von ihnen berichtet.
  • E = Exposure/Ergänzende Maßnahmen: Dazu gehört beispielsweise der Wärmeerhalt des Patienten. Bewährt haben sich Schutzdecken, die auch in alpinen Gegenden zum Einsatz kommen. Sie sind klein und handlich und überzeugen durch eine schnelle Wärmeerzeugung, meist, indem sie mit Sauerstoff aus der Luft reagieren.

Das MARCH-Schema gliedert sich wie folgt auf:

  • M = Massive Bleeding/Versorgung massiver Blutungen
  • A = Airway/Atemwege
  • R = Respiration/Atmung
  • C = Circulation/Kreislauf
  • H = Hypothermia/Unterkühlung
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Was sind die Ziele von TEM?

Grundsätzlich zielt die taktische Einsatzmedizin immer darauf ab, Leben zu retten. Allerdings behält sie dabei die aktuellen Bedingungen im Auge und stellt im Zweifel den Schutz von vielen über die Versorgung einzelner. Während eines feindlichen Beschusses ist beispielsweise niemandem geholfen, wenn die Kameraden einem Verwundeten zu Hilfe eilen, aber dabei selbst getroffen werden. Sicherer für alle ist es, möglichst schnell den Rückzug anzutreten und dann, wenn es die Situation erlaubt, die medizinische Versorgung des Verletzten zu intensivieren.

Im Militär ist die Ausbildung in TEM-Maßnahmen längst Standard, doch auch zivile Einsatzkräfte können enorm von einer speziellen Schulung in taktischer Einsatzmedizin profitieren. Dadurch sollen Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungssanitäter oder andere geeignete Personen befähigt werden, in einer brisanten Lage - beispielsweise während eines Terroranschlags oder Amoklaufs - überlegt und zielgerichtet zu handeln. So kann die Versorgungslücke zwischen der Evakuierung des Verwundeten aus der Gefahrenzone und der gefahrlosen Versorgung in einem sicheren Bereich geschlossen werden.

Trotzdem bleibt zu erwähnen, dass als erste Maßnahmen immer der Selbstschutz der Einsatzkräfte sowie die Evakuierung des Verwundeten aus der Gefahrenzone vorgesehen ist - erst dann erfolgen medizinische Maßnahmen. Aus diesem Grund wurden die Phasen beziehungsweise Zonen entwickelt. Dadurch wird dem einzelnen die schwierige und psychisch belastende Entscheidung abgenommen, ob er sich selbst oder seinen verwundeten Kameraden retten soll.

Was ist bei der Ausbildung in TEM wichtig?

Taktische Einsatzmedizin bedeutet strategisches Handeln in einer Ausnahmesituation. Um auf diese bestmöglich vorbereitet zu sein, ist es wichtig, dass das Trainingssetting so realistisch wie möglich ist. Dafür werden lebensgefährliche Wunden mit entsprechendem Zubehör in beeindruckend echter Optik an „Verwundeten“ angebracht. Auch regelmäßig stattfindende Wiederholungsübungen sind Teil der Ausbildung, damit die Anwendung des erworbenen Wissens zur Routine wird.

In unserem Sortiment erhalten Sie zahlreiche medizinische Produkte, die bei der taktischen Einsatzmedizin unverzichtbar sind. Hierzu gehören beispielsweise Tourniquets für die Stillung extremer Blutungen oder Wärmeschutz-Artikel. Außerdem bieten wir Ihnen für ein möglichst effektives Training beeindruckend realistische Applikationen, um verschiedene Verletzungen zu simulieren.

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